Klingt unglaublich, ich weiß. Für mich wäre das immer undenkbar gewesen. Von Kindheit an habe ich immer viel Süßes gegessen. Naschereien und Mehlspeisen gehörten zu meinem Alltag, oft zwei bis
dreimal täglich. Eine Mahlzeit ohne Dessert - unmöglich!
Ab 40 habe ich mich immer mehr bewusst ernährt und meinen Zuckerkonsum Schritt für Schritt reduziert. Kaffee schmeckt mir auch ohne Zucker, habe ich bemerkt. Dann konnte ich den Zucker auch beim
Tee weglassen und habe bemerkt, wie großartig ein guter Earl Grey mit nichts schmeckt.
Als nächstes flogen Honig und Marmelade aus meiner Küche, das Frühstück wurde zuckerfrei. Aber was ich in all den Jahren nicht aufgeben konnte, was die Nachspeise nach dem Abendessen. An 'braven'
Tagen beschränkte ich mich auf ein Joghurt mit Obst und max. EINEM Löffel Zucker. Am Wochenende, hie und da, und auch bei Anlässen gab es immer noch Torten, Kuchen, Eis oder Kekse. Auf täglicher
Basis gab es Äpfel oder Obst je nach Saison. Obst ist ja schließlich gesund, oder?
Noch vor einem Jahr habe ich stolz behauptet, dass ich eh nur mehr ganz wenig Zucker esse. Und mich dabei selbst belogen.
Diesen Sommer habe ich mehr Eisbecher gegessen, als ich sollte. Mein Gewicht ist um 2-3 Kilo hinauf geklettert. Das macht ja nichts, dachte ich mir. Solange meine Jeans noch passen...
Am 14. September war ich beim Zahnarzt. Das sorgenvolle ts ts ts meines Zahnarztes angesichts meines Röntgenbildes gab mir zu denken. Am selben Tag habe ich Zucker aus meinem Leben
gestrichen.
Ist das leicht? NEIN! Ich weiß, wie schwer das geht. Es bedeutet:
Erstens: Fast keine vorproduzierten Lebensmittel mehr essen. Sie bekommen im Handel keinen Eiaufstrich, keinen Schinken oder Speck, keine Spaghetti Sauce, kein Kräuterpesto, keine Kräcker, Brote,
Saucen, Kochhilfen, oder fertig marinierte Gemüsemischungen ohne Zucker. Zucker ist ÜBERALL.
Ketchup? 24g Zucker. Das sind 6 Teelöffel.
Balsamicoessig? 15g Zucker. Das sind fast 4 Teelöffel.
Das ist absurd! Im Cola sind 10,6g. Auch schon zuviel.
Zweitens bedeutet es, jeden Tag an tausend Verführungen vorbei zu gehen. Duftende Bäckereien, herzige Kekse auf der Kaffeeuntertasse, die lieb gemeinten Zuwendungen von Freunden zu negieren, usw.
usw. Nicht leicht.
Drittens bedeutet es, KEIN OBST. Obst ist überflüssig. Es beinhaltet nichts, was der Körper braucht. Nein, Obst ist keine Vitaminbombe. Das ist vielleicht der größte Aberglaube unserer Zeit.
Dafür hat ein simpler Apfel ca. 4 Teelöffel Zucker, von Mangos, Ananas und Weintrauben will ich gar nicht reden.
Viertens bedeutet es, keine Limos, Säfte (nein, es gibt keine 'gesunden' Säfte!) und kein bis sehr wenig Alkohol. Wenn überhaupt Alk, dann am besten konzentriert auf wenige Tage, z.B. Samstag +
Anlässe.
Was hat sich durch Zuckerverzicht geändert? Nun, ich habe die drei Sommer-Eis-Kilo sofort wieder abgenommen, ohne im Geringsten darauf zu achten. Ich esse automatisch viel weniger, ohne mich
zurückhalten zu müssen. Nachmittagstief kenne ich nicht mehr. Ich brauche weniger Schlaf, habe mehr Zeit und viel mehr Energie. Aber vor allem: meine ständigen Zahnfleischentzündungen, die mich
seit der Pubertät begleiten, sind plötzlich abgeheilt. Weg. Kein Zahnweh mehr.
Das ist der springende Punkt. Ich neige genetisch bedingt zu starker Parodontose. Andere Menschen neigen zu anderen Wehwehchen, je nach Veranlagung. Gelenksschmerzen, Rheuma, Gicht,
Verdauungsprobleme, Schleimhautprobleme, hohes Cholesterin + Blutdruck, und alle möglichen Immunsystemstörungen von Neurodermitis bis Allergien - alles wird unter Zucker schlechter. Es gibt
mehrere physiologische Systeme, die bei Zuckerkonsum überstrapaziert werden können. Die einen haben einen permanent zu hohen Insulinspiegel und was ihnen schadet, ist nicht der Zucker selber,
sondern das Insulin - das Alterungshormon schlechthin! Andere haben durch Zucker bedingt einen zu hohen Cortisolspiegel, und Cortisol ist das Stresshormon schlechthin. Selbst im scheinbaren
Ruhezustand ist der Körper unter Stress und damit sind alle körpereigenen Reparatursysteme blockiert. Wieder andere haben durch Zucker eine geschwächte Leber, wodurch die Entgiftung des Körpers
nicht mehr glatt verläuft. Usw., usw. WIE der Zucker schadet, ist bei Menschen also durchaus unterschiedlich. Aber er schadet jedem, ob über- normal- oder
untergewichtig.
Was ist Zucker? Zucker besteht aus zwei Bestandteile, Glukose und Fruktose. Glukose ist Stärke (denk 'Mehl'), die zwar keine besonders wichtige Ernährungsfunktion erfüllt, aber immerhin als reine
Energie von jeder Zelle des Körpers verbrannt werden kann. Es heißt oft, das Gehirn brauche Zucker. NEIN! Das Gehirn verbrennt gerne Glukose, (braucht es aber auch nicht unbedingt).
Fruktose ist das süße Element (denk 'Zucker') und wird oft als gesund gefeiert. Nichts könnte falscher sein. Fruktose ist ein Toxin, für den Körper vollkommen unverdaulich. Fruktose kann der
Körper NICHT als Energie verbrennen. So wie jedes Toxin kann Fruktose nur von der Leber verarbeitet werden. Das macht die Leber, indem sie Fruktose zu Fett umwandelt und als Speicher
ablegt. Dass es der Leber, die eigentlich Wichtigeres zu tun hätte, dabei auf Dauer nicht gut geht, ist klar. Deshalb haben Sie nach dem Energieschub durch ein Red Bull oder einen Sportriegel -
der auf die Glukose zurückzuführen ist - einen Crash und werden müde oder schlapp. Jetzt kämpft der Körper mit der Fruktose. Fruktose ist harnsäurepflichtig. Gicht oder ähnliche arthritische
Probleme sind heutzutage fast immer eine Zuckerkrankheit, leider sagt einem das niemand. Hoher Blutdruck hat nichts mit Salz zu tun. Aber alles mit Zucker.
Gibt es einen 'guten' Zucker? Ist Honig besser? Was ist mit Birken-, Agave-, Ahorn- oder sonstigem Zucker? Derzeit ist irgendein Kaktuszucker im Mode. Einfache Antwort: NOCH mehr Fruktose.
Es ist müßig, welche neuen Zuckersorten auftauchen und als gesund gefeiert werden. Man kann den Zucker aus jeder Pflanze herauskochen. Bienen machen schließlich auch nichts anderes. Es gibt
Waldhonig, Tannenhonig, Veilchenzucker, Kaktuszucker, Maiszucker, Sonnenblumenhonig, Kleehonig, egal. Nichts davon ist gesünder als Rübenzucker. Im Gegenteil, all das hat einen noch höheren
Fruktoseanteil als normaler Haushaltszucker, und das wissen wir im Grunde, denn Honig ist süßer als Zucker. Die simple Wahrheit: wenn es süß schmeckt, ist es Fruktose.
Also bleiben nur künstliche Süßstoffe? Darauf gibt es keine leichte, schnelle Antwort. Ich will sie nicht komplett verteufeln, aber gesund können sie auch nicht sein. Besser ist, man gewöhnt sich
das Süß-Essen ganz ab. Ja, ich weiß, das sagt sich leicht. Ich habe Jahre dafür gebraucht und die Entwöhnung zeitweise auch mit Süßstoffen geschafft. Aber erst dann stellt sich der wunderbare
Effekt ein, dass man ganz automatisch insgesamt weniger isst. Wenn Zucker Heroin ist, ist Obst das natürliche Opium und Süßstoffe sind das Methadon. Der Vergleich ist übrigens nicht abwegig. Es
gibt genug Laborversuche, die beweisen, das Zucker noch abhängiger macht, als Nikotin, Kokain und Heroin.
Zu meinem Geburtstag gab es dieses Jahr fabelhafte Schinkenkipferl. Mein Naschzeug für nächtliche Gusto-Attacken ist jetzt Käse mit Oliven. Zu Weihnachten freue ich mich auf russische Eier,
Schinkenrollen mit Krenkäse, Mozzarella mit Tomaten und frischem Basilikum, Avocados mit Shrimps, Lachs mit Obers und Pumpernickelhäppchen mit Butter und Roquefort. Es lebt sich fabelhaft!